Du willst schneller das richtige Stück beschaffen, ohne Dein Lager zu überfrachten? Dieser Guide zeigt Dir, wie Du als Juwelier zuverlässig Lieferanten findest – vom Schmuck-Großhandel über Hersteller direkt bis hin zum B2B-Netzwerk. Du erfährst, wie Du Out-of-Stock vermeidest, Deine Conversion im Laden steigert und Deine Prozesse so strukturierst, dass eine Zusage oft im selben Gespräch möglich ist. Mit Checklisten, Vorlagen und Praxis-Cases zum direkten Umsetzen.
Warum Out-of-Stock Dich Verkäufe kostet (und wie Du das sofort änderst)
Bezugswege im Vergleich
Wenn es darum geht, schnell und verlässlich das richtige Stück zu beschaffen, führen in der Praxis drei Wege ans Ziel: Hersteller direkt, Großhandel und B2B-Netzwerk. Jeder Pfad hat klare Stärken – die Kunst besteht darin, situativ zu entscheiden: Wie dringend ist die Anfrage? Wie speziell ist die Variante? Wie viel Kapital willst Du binden? Aus diesen Antworten ergibt sich der schnellste, sicherste und profitabelste Weg.
Hersteller direkt – Markenstärke und Planbarkeit, aber mit Bindung
Der Direktbezug beim Hersteller/Markenhaus ist der klassische Weg für Juweliere, die Markenkompetenz zeigen und kein Preis-Gefecht führen möchten. Du profitierst von Exklusivität, Markengeschichte und oft von besserer Marge als im Zwischenhandel. Dazu kommen Schulungen, POS-Material, Kampagnen-Assets und After-Sales-Support, die Deine Beratung stärken und die Preispflege erleichtern.
Gleichzeitig fordert dieser Weg Disziplin und Kapital: Häufig gibt es Mindestabnahmen (MOQ), Staffelpreise, Linienpflichten oder Sortimentsvorgaben. Sondergrößen und seltene Legierungen bedeuten manchmal längere Lieferzeiten – und Varianten, die nicht laufen, binden Cash in der Vitrine. Kurz: Hersteller direkt ist stark für Kernsortimente und Klassiker, weniger geeignet, wenn Du morgen eine Sondergröße brauchst.
Wofür ideal?
- Strategische Kernsortimente und Markenaufbau, wo Wiedererkennbarkeit zählt.
- Planbare Nachfrage (Standardgrößen/-legierungen, Bestseller, Signature-Modelle).
Worauf achten (kurz & konkret):
- Verträge: Vertrieb & Gebiet, Exklusivität, Online-Darstellung, Gewährleistung.
- Lieferlogik: Nachlieferzeiten, Umgang mit Sondergrößen/-legierungen.
- Rücknahmen: Klare Regeln bei Fehlgriffen/Fehlvarianten.
Praxisbild:
Du führst eine starke Trauring-Linie, die Deine Position im Ort prägt. Für typische Größen und gängige Legierungen hältst Du Tiefe vor – das sichert Abschlussgeschwindigkeit. Für seltene Kombinationen planst Du gezielter (oder weichst situativ auf Großhandel/B2B-Netzwerk aus).
Großhandel – Breite & Geschwindigkeit für den Alltag, mit knapperen Margen
Der Schmuck-Großhandel ist Dein Taktgeber für Geschwindigkeit und Varianz im Tagesgeschäft. Du bekommst breite Auswahl, meist kleine Losgrößen, kurze Lieferzeiten und eine logistisch eingespielte Abwicklung (Overnight oft möglich). Für Trendteile, Ergänzungssortimente und vor allem Uhren-Ersatzteile ist der Großhandel oft die schnellste und unkomplizierteste Lösung. Ideal, um neue Linien zu testen, ohne Dich hart zu binden.
Der Preis für diese Flexibilität: Marge ist häufig knapper als beim Direktbezug, und die Markenstory ist weniger stark. Dazu kommt Preis-Transparenz – online vergleichbare Artikel setzen Dich schneller unter Druck. Manche selektiv vertriebenen Marken sind im Großhandel bewusst nicht verfügbar.
Wofür ideal?
- Saisonspitzen & spontane Anfragen, wenn heute Nachmittag entschieden wird.
- Uhren-Ersatzteile (Ref.-Nummer, Maße, Finish) und Ergänzungsstücke.
- Linien testen ohne harte Exklusivitäts-/Abnahmevorgaben.
Worauf achten (kurz & konkret):
- Zuverlässigkeit (Referenzen, Reklamationsquote), Retouren/ Gewährleistung.
- Verpackung & Versand: Neutralversand, versicherter Wertversand, Tracking.
- Klarheit zu Zuständen (Neu, NOS, gebraucht, Vintage) und Dokumentation (Zertifikate, Seriennummern).
Praxisbild:
Du brauchst bis morgen eine Faltschließe 18 mm in Stahl poliert. Der Großhandel liefert overnight, sauber dokumentiert. Die Marge ist enger – dafür rettest Du den zeitkritischen Verkauf und stärkst die Kundenzufriedenheit.
B2B-Netzwerk – Tempo im Gespräch, Spezialfälle gelöst, Out-of-Stock vermieden
Das B2B-Netzwerk unter Juwelieren ist Dein Turbo für Abschluss-Sicherheit: Du greifst in Minuten auf die Bestände anderer Juweliere zu – inklusive Sondergrößen, seltenen Legierungen und Nischenvarianten, die weder im eigenen Lager noch beim Großhandel sofort verfügbar sind. Der entscheidende Vorteil ist Timing: Du kannst im laufenden Beratungsgespräch die Verfügbarkeit prüfen und dem Kunden sofort sagen: „Morgen da“. Damit eliminierst Du den größten Umsatzkiller – den Out-of-Stock-Moment – ohne Dein eigenes Lager aufzublähen.
Weil es ein Peer-to-Peer-Weg ist, variieren Konditionen (Preis, Zahlungsziel, Versand) je nach Partner und Verfügbarkeit. Die Abwicklung erfolgt direkt zwischen Juwelieren – deswegen geht es oft schneller und flexibler, verlangt aber klare Absprache und saubere Dokumentation. Verfügbarkeit hängt naturgemäß von Peer-Beständen ab – je besser Dein Netzwerk, desto höher die Trefferquote.
Wofür ideal?
- Next-Day-Beschaffung in Beratungssituationen („Heute nicht da? Morgen da.“).
- Spezielle Legierungen, unübliche Ringweiten, seltene Fassungen.
- Ersatzteile und Varianten, die kurzfristig kaum anderswo zu bekommen sind.
Worauf achten (kurz & konkret):
- Verifizierte Partner wählen; genaue Artikelangaben (Ref., Legierung, Größe, 4C, Finish).
- Versicherter Wertversand (ggf. neutral) + verbindliche Lieferzeit dokumentieren.
- Konditionen schriftlich fixieren (Preis netto, Zahlungsziel, Garantie/Gewährleistung, Retouren/Reservierung).
Praxisbild:
Kundin möchte Solitär Roségold 585, RW 52, 6-Krappen, 0,50 ct G/VS2. Du prüfst live im Netzwerk, erhältst in Minuten ein „morgen bis 12 Uhr“. Du gibst jetzt die Zusage, reservierst 72 h – Abschluss gesichert.
So findest Du in Minuten den passenden Lieferanten (Step-by-Step)
1) Suchstrategie: Vom Kundenwunsch zum konkreten Suchprofil (Modell / Specs / Foto)
Bevor du überhaupt in einer Plattform suchst oder einen Lieferanten anschreibst, brauchst du ein sauberes Suchprofil. Je besser du dieses Profil im Laden erfassst, desto schneller findest du später den passenden Juwelier-Lieferanten – ganz egal ob Hersteller, Großhandel oder B2B-Netzwerk.
Im ersten Schritt geht es darum, die Modellinformationen strukturiert zu erfassen. Sobald ein Kunde dir ein konkretes Wunschstück beschreibt (oder ein Foto zeigt), solltest du dir angewöhnen, systematisch mitzuschreiben: Marke oder Hersteller, eine mögliche Referenz, die Legierung, die konkrete Größe (z. B. Ringweite in EU oder mm) und alle relevanten Angaben zum Stein. Bei Steinen orientierst du dich idealerweise an den 4C (Carat, Cut, Color, Clarity). Ergänzend hältst du fest, wie der Stein gefasst ist (z. B. Krappen-, Zargen- oder Pavéfassung) und welche Oberfläche der Ring oder die Fassung hat (poliert, satiniert, eismatt, rhodiniert, zweifarbig). Das klingt zunächst technisch, ist aber reine Routine – je öfter du das machst, desto schneller geht es.
Sehr hilfreich ist außerdem, wenn du dir bewusst ein kleines Vokabular an Synonymen und Alternativen zurechtlegst. In der Praxis heißt ein und dieselbe Eigenschaft oft unterschiedlich: „Roségold 585“ kann auch als „14k RG“ bezeichnet werden, „poliert“ entspricht „Hochglanz“, „RW 52“ ist gleichzeitig „EU 52“ bzw. etwa 16,5 mm. Wenn du diese Entsprechungen kennst, triffst du bei der Suche deutlich mehr passende Ergebnisse und hängst nicht an Begrifflichkeiten.
Parallel zu den Daten brauchst du gute Referenzfotos. Ein schnelles Handyfoto ist okay – aber bitte bewusst gemacht: Ein klares Produktbild von vorne, eine Detailaufnahme der Fassung, Kanten oder Schließe und, wenn möglich, ein scharfes Foto des Stempels oder einer Gravur (hier hilft oft eine Lupe vor der Linse). Achte auf neutralen Hintergrund, halbwegs gleichmäßiges Licht und darauf, dass keine Finger oder starke Spiegelungen stören. Bei Kleinteilen (z. B. Schließen, Bandanstößen) legst du am besten noch ein Lineal oder eine Skala ins Bild, damit Maße sofort erkennbar sind. So kann der potenzielle Lieferant mit einem Blick einschätzen, ob es sich um das exakte Modell oder einen kompatiblen Ersatz handelt.
Wenn dir die exakte Referenz fehlt, wird die Foto-Suche zum Turbo. Du kannst motivreiche Bilder vorher zuschneiden, damit wirklich nur das Schmuckstück oder die Uhr zu sehen ist, und dann mehrere Perspektiven (Front, Profil, Detail) hochladen. Anschließend verfeinerst du die Vorschläge mit Filtern wie Material, Stil, Preisklasse und Größe. Das ist besonders hilfreich, wenn der Kunde „so etwas wie das“ möchte, du aber keinen exakten Modellnamen hast.
Sobald dein Suchprofil steht, geht es in den nächsten Schritt: die eigentliche Suche in Plattformen oder bei bekannten Partnern. Hier kombinierst du Keywords (z. B. „Solitär 0,5 ct Roségold 585 RW 52“) mit Filtern für Material, Stil, Preisklasse und Größe. Bei Uhren kommen zusätzlich Referenznummer, Baujahr, Werk, Bandanstoß und ggf. Teile-Nummer ins Spiel. Hast du eine Ergebnisliste, sortierst du sie konsequent nach Lieferzeit (Next-Day/Overnight zuerst) und Zustand (Neu, NOS, Vintage, gebraucht – je nach Kundenerwartung).
So weiß dein Gegenüber sofort: Die Anfrage ist konkret, zeitkritisch und du bist entscheidungsbereit.
Ein letzter Punkt in der Suchstrategie sind die Warnsignale: Unscharfe Fotos, unklare oder widersprüchliche Legierungsangaben, wechselnde Artikelnummern oder fehlende Nachweise bei höherwertigen Stücken solltest du ernst nehmen. Lieber einmal gezielt nachfragen („Bitte schicken Sie mir noch ein Foto vom Stempel/Zertifikat“) als später mit Reklamationen und Diskussionen beschäftigt zu sein.
2) Checkliste Konditionen: In wenigen Minuten klären, ob der Deal wirklich passt
Wenn du passende Treffer gefunden hast, ist der nächste Schritt, die Konditionen sauber durchzuprüfen. Ziel ist, innerhalb von Minuten zu wissen: Lohnt sich das für dich wirtschaftlich? Bekommst du die Ware rechtzeitig? Und bist du auf der sicheren Seite, falls doch etwas schiefgeht?
Im Kern schaust du immer auf dieselben Bausteine: Preis, Zahlungsmodalitäten, Lieferzeit und Versand, Garantie und Gewährleistung, Retourenoptionen sowie Nachweise und Dokumente.
Beim Preis & Zahlungsmodus interessiert dich vor allem der Einzelpreis netto, mögliche Staffelungen (ab welcher Menge sinkt der Preis?) und ob es Skonto oder besondere Konditionen gibt. Dazu kommen das Zahlungsziel (z. B. 14 Tage, 30 Tage) oder ob eine Anzahlung verlangt wird – gerade bei Sonderanfertigungen ist das üblich. Wichtig: Im B2B-Bereich gibt es kein Widerrufsrecht wie im B2C – was ihr vereinbart, gilt. Deshalb solltest du deinen Einstandswert immer als Summe aus Netto-Einkaufspreis, Versand/Versicherung und etwaigen Gebühren sehen und abgleichen, ob du mit dem vom Kunden akzeptierten Verkaufspreis eine vernünftige Marge erzielst.
Bei Lieferzeit & Versand geht es um Verlässlichkeit. Du möchtest eine möglichst klare Zusage wie „Zustellung morgen bis 12 Uhr“, nicht nur ein vages „in 1–2 Tagen“. Kläre, mit welcher Versandart verschickt wird (idealerweise versicherter Wertversand/Valoren) und ob ein Tracking verfügbar ist. Frage nach, ob auch Neutralversand möglich ist – entweder an dich oder, falls vertragskonform, direkt an den Endkunden ohne sichtbare Markenkennzeichnung. Die Verpackung sollte stoßfest und äußerlich unauffällig sein. All das brauchst du, um deinem Kunden glaubwürdig sagen zu können: „Morgen ist das Stück hier, so dass du es ab [Uhrzeit] abholen kannst.“
Im Bereich Garantie/Gewährleistung willst du wissen, welche Absicherung du im Problemfall hast. Gibt es eine Hersteller- oder Händlergarantie? Wie lange läuft diese und was ist konkret abgedeckt (z. B. Fassung, Steinverlust, Schließe, Werk)? Wie läuft eine Reklamation ab, und gibt es klare Regeln, ob im Mangelfall ein Ersatz geschickt oder repariert wird? Je klarer das ist, desto souveräner kannst du dem Kunden gegenüber auftreten.
Retouren & Reservierung sind als Sicherheitsschiene wichtig. Frage nach den Rücknahmebedingungen: Was passiert, wenn die Ware falsch geliefert wird, eine andere Größe kommt als vereinbart oder sich ein eindeutiger Fehler herausstellt? Gibt es eine Frist für Reklamationen? Und kannst du Ware zunächst reservieren (z. B. für 24–72 Stunden), während dein Kunde seine Entscheidung final trifft? In dem Zuge solltest du auch klären, ob und ab wann Stornogebühren anfallen, etwa wenn der Kunde trotz Bestellung nicht kauft.
Beim Punkt Nachweise & Dokumente geht es darum, dass du die Ware sauber dokumentieren kannst. Dazu gehören Echtheits- oder Herkunftsnachweise, Zertifikate (z. B. GIA/IGI/HRD bei Diamanten), Seriennummern bei Uhren und Ersatzteilen sowie ein ordentlicher Lieferschein und eine Rechnung mit vollständigen Angaben (Firma, Adresse, USt-ID, Artikelbeschreibung, Legierung, Menge, Preis, Zahlungsziel). Diese Unterlagen sind sowohl für deine Buchhaltung als auch für spätere Fragen des Kunden Gold wert.
Für die Anfrage selbst reicht oft eine kurze, standardisierte Nachricht, die du dir abspeicherst und bei Bedarf anpasst.
3) Recht & Markenregeln – kurz notiert, aber ernst zu nehmen
Der dritte Baustein ist weniger „operativ“, aber genauso wichtig: Du bewegst dich als Juwelier im Spannungsfeld von Markenrechten, Vertriebsverträgen und B2B-Recht. Du musst kein Jurist sein, aber ein paar Grundsätze solltest du im Blick behalten, damit dich ein schneller Deal nicht später einholt.
Ein zentrales Thema ist die selektive Distribution. Viele starke Marken regeln in Verträgen sehr genau, wer ihre Ware vertreiben darf, über welche Kanäle (stationär, online) und unter welchen Bedingungen. Bevor du Markenware über Dritte beschaffst oder weitergibst, solltest du prüfen, ob dein Vertrag das zulässt und welche Spielregeln gelten. Im Zweifel lohnt sich eine kurze Nachfrage beim Markenvertreter oder beim Hersteller, statt später Ärger mit dem Vertrieb zu riskieren.
Eng damit verbunden ist die Nutzung von Markenbildern und Logos. Offizielle Produktbilder, Kampagnenmaterial und Logos darfst du in der Regel nur gemäß den Brand-Guidelines verwenden. Das betrifft sowohl deine Website als auch Schaufenster, Social Media und ggf. Verpackungen. Logos auf neutralen Versandkartons oder die Verwendung von Bildmaterial außerhalb der vereinbarten Kanäle können problematisch sein – halte dich deshalb möglichst eng an die Vorgaben.
Im Bereich Edelmetall-Stempel/Hallmarks geht es um korrekte Kennzeichnung. Legierungsangaben wie 585, 750 oder 950 müssen stimmen; Stempel sollten plausibel und fachlich korrekt sein. Wenn du Fremdware beschaffst, schaue dir diese Kennzeichnungen bewusst an. Bei Unklarheiten ist es besser, einmal mehr nachzufragen oder die Legierung prüfen zu lassen, bevor du sie deinen Kunden als etwas Konkretes verkaufst.
Bei Diamanten und Farbedelsteinen spielen Herkunfts- und Qualitätsnachweise eine große Rolle. Für Rohdiamanten gibt es u. a. den Kimberley-Prozess; bei geschliffenen Steinen sind Zertifikate (GIA, IGI, HRD usw.) im Markt etabliert. Wichtig ist: Halte fest, welche Zertifikate zu welchem Stein gehören, und dokumentiere die 4C in deinen Unterlagen. Gerade im höherpreisigen Segment erwarten viele Kunden, dass du das eindeutig belegen kannst.
Im B2B-Recht unterscheidet sich deine Position deutlich von der im B2C: Es gibt kein automatisches Widerrufsrecht, und viele Gewährleistungsfragen werden über Verträge und AGB geregelt. Umso wichtiger ist es, dass die wesentlichen Punkte – Preis, Lieferzeit, Versandart, Garantie, Retouren – vorher klar abgesprochen und zumindest kurz per Mail bestätigt sind. Diese Mails sind im Zweifel deine wichtigste Absicherung.
Ein besonders sensibler Bereich sind Gebrauchtuhren und Ersatzteile. Hier solltest du konsequent Seriennummern prüfen und dokumentieren, wenn möglich mit Diebstahl- oder Verlustlisten abgleichen und Unterlagen wie alte Rechnungen oder Servicepapiere archivieren. Bei Ersatzteilen ist es wichtig, sauber zu kennzeichnen, ob es sich um Originalteile oder kompatible Drittteile handelt. So schützt du dich selbst und stellst sicher, dass dein Kunde eine ehrliche und rückverfolgbare Leistung bekommt.
All das ist – ganz bewusst – keine Rechtsberatung, sondern eine pragmatische Erinnerung:
Klär Marken- und Vertriebsregeln lieber früh, halte Absprachen schriftlich fest und dokumentiere, was du tust. Dann kannst du dich im Alltag auf das konzentrieren, worum es dir eigentlich geht: für deinen Kunden schnell das richtige Stück zu organisieren – und den Abschluss zu sichern.
Die richtige Mischung macht Dich unschlagbar
In einem Markt, in dem Kunden Tempo, Verfügbarkeit und Beratung erwarten, ist einseitiges Beschaffen eine Einladung zu Engpässen. Monokultur ist Risiko: Wer ausschließlich über Hersteller bezieht, überzeugt zwar in Marke und Story, stolpert aber bei Sondergrößen oder kurzfristigen Wünschen über Lieferzeiten. Wer nur auf den Großhandel setzt, löst Alltagsfälle zwar schnell, zahlt aber oft mit knapperen Margen und einem schwächeren Markenprofil. Und wer ausschließlich das B2B-Netzwerk nutzt, gewinnt zwar Geschwindigkeit und Flexibilität, verschenkt jedoch Potenzial im strategischen Markenaufbau und bei planbaren Bestsellern.
Die stärksten Juweliere kombinieren deshalb alle drei Bezugswege in einem klaren System – situativ, KPI-geführt und kapitalbewusst:
- Kernsortiment über Hersteller: Für alles, was Deine Identität prägt – Signature-Modelle, Standardgrößen, planbare Nachfrage. Du profitierst von Markenautorität, Schulungen, POS-Material und häufig besseren Deckungsbeiträgen – ideal für Wiedererkennung und Preisstabilität.
- Tagesgeschäft über Großhandel: Für Breite und Geschwindigkeit im Alltag – Trendteile, Ersatzteile, Ergänzungsware, Overnight-Lösungen. Du hältst die Time-to-Yes kurz und kannst Linien testen, ohne Dich hart zu binden.
- Abschluss-Rettung & Spezialfälle über das B2B-Netzwerk: Für alles, was heute nicht vorrätig ist: Sondergrößen, seltene Legierungen, spezielle Fassungen. Du prüfst live, gibst jetzt die Zusage und lieferst morgen – so verhinderst Du Out-of-Stock-Verluste, ohne Kapital ins Lager zu zwingen.
Diese Dreifach-Strategie zahlt auf alle Ziele ein:
- Schnelligkeit im Moment der Kaufabsicht (Conversion rauf),
- Profitabilität durch bewusstes Margen-Management (DB stabil),
- Liquidität dank schlanker Bestände (gebundenes Kapital runter),
- Markenstärke durch sichtbare Kompetenz und konsistente Linien,
- Resilienz gegen Lieferengpässe und Nachfrageschwankungen.
Leite Deine Entscheidung nicht aus Gewohnheit, sondern aus Kennzahlen ab (Conversion, Ø-Bon, Frequenz, OOS-Quote, Wiederkaufrate) und nutze einen einfachen Entscheidungs-Kompass: Wie dringend ist es? Wie speziell ist die Variante? Wie viel Kapital will ich binden? So wählst Du pro Fall den schnellsten, sichersten und profitabelsten Pfad – und hältst Dir immer einen Plan B/C offen.
Unterm Strich bedeutet die Mischung: mehr „Ja“ im Gespräch, weniger gebundenes Kapital, stabilere Margen – und ein Service-Versprechen, das trägt. Statt „Leider nicht vorrätig“ sagst Du künftig deutlich öfter „kein Problem“ – und meinst es auch so.
Wie finde ich schnell einen verlässlichen Lieferanten?
Wenn du schnell einen guten Lieferanten finden willst, brauchst du vor allem eins: Struktur statt Bauchgefühl. Starte immer mit einer klaren Suchstrategie. Das bedeutet: Du übersetzt den Kundenwunsch in ein sauberes Suchprofil – mit exakten Modellangaben, Material/Legierung, Größe (z. B. Ringweite, Bandanstoß), Steinqualität (4C) und, wenn möglich, guten Fotos. Auf dieser Basis kannst du in Katalogen, beim Schmuck-Großhandel und in einem B2B-Netzwerk für Juweliere deutlich gezielter suchen. Nutze Filter wie Material, Legierung, Stil, Größe und Preisspanne und kombiniere sie mit einer Foto-Suche, wenn keine genaue Referenz vorliegt.
Damit du nicht nur „irgendeinen“, sondern einen verlässlichen Lieferanten findest, hilft eine einfache Qualitäts-Checkliste beim Erstkontakt. Prüfe zum Beispiel:
- Identität & Firmendaten (vollständige Adresse, USt-ID, Impressum)
- Dokumente & Nachweise (Zertifikate, Seriennummern, Herkunftsangaben)
- Logistik (Lieferzeit, Versandart, Versicherung, Tracking)
- Konditionen (Preis, Zahlungsziel, Retourenregelung, Garantie/Gewährleistung)
Ein gutes B2B-Netzwerk mit verifizierten Juwelieren und Händlern nimmt dir einen Teil dieser Vorarbeit ab, weil dort die Partner bereits geprüft sind und du über Bewertungen und Historie zusätzliche Sicherheit bekommst. So verbindest du Tempo mit Verlässlichkeit, statt jedes Mal bei null anzufangen.
Was prüfe ich bei Erstkontakt (Preis, Lieferzeit, Nachweise)?
Beim ersten Kontakt entscheidest du, ob sich der Deal wirklich lohnt – fachlich, zeitlich und wirtschaftlich. Achte deshalb immer auf ein paar harte Fakten und lass sie dir klar und schriftlich geben.
Wichtige Punkte sind:
- Preis (netto): Einzelpreis, ggf. Staffelpreise und Zusatzkosten (Versand, Versicherung).
- Zahlungsbedingungen: Zahlungsziel (z. B. 14 oder 30 Tage), Skonto, Vorkasse oder Anzahlung bei Sonderanfertigungen.
- Lieferzeit: Möglichst verbindlich („Zustellung morgen bis 12 Uhr“) statt „so schnell wie möglich“.
- Versand & Sicherheit: Versicherter Wertversand/Valoren, Tracking, Möglichkeit zum Neutralversand, stabile, neutrale Verpackung.
- Garantie & Gewährleistung: Gibt es eine Hersteller- oder Händergarantie? Was ist bei Mängeln abgedeckt (Fassung, Steinverlust, Werk, Schließe)? Wie läuft eine Reklamation praktisch ab?
- Retouren & Reservierung: Unter welchen Bedingungen werden Fehlgrößen, Fehlfarben oder Fehllieferungen zurückgenommen? Kannst du Ware für 24–72 Stunden reservieren, während der Kunde sich entscheidet?
- Nachweise & Dokumente: Echtheits- und Herkunftsnachweise, Zertifikate (z. B. GIA/IGI/HRD), Seriennummern bei Uhren und Ersatzteilen, vollständiger Lieferschein und Rechnung mit allen Pflichtangaben.
All diese Punkte solltest du dir kurz per Mail oder Nachricht bestätigen lassen. Das muss kein Roman sein, ein paar klare Zeilen reichen – aber du hast später etwas in der Hand, falls doch einmal etwas nicht wie vereinbart läuft.
Wie vermeide ich als Juwelier Out-of-Stock im Tagesgeschäft?
Out-of-Stock wird oft als Lagerproblem gesehen – in Wahrheit ist es meistens ein Prozessproblem. Wenn du in der Situation vor dem Kunden einfach nur sagst „leider nicht vorrätig“, brichst du die Kaufdynamik ab: Die Kaufentscheidung ist emotional schon getroffen, aber du bietest keinen Weg, sie zu realisieren.
Stattdessen solltest du dir angewöhnen, im Gespräch aktiv zu prüfen, ob du das Wunschstück über andere Wege schnell beschaffen kannst. Das kann ein Hersteller, der Next-Day nachliefert, der Schmuck-Großhandel oder ein B2B-Juweliernetzwerk sein, in dem du Sondergrößen, spezielle Legierungen oder Ersatzteile kurzfristig findest. Die Botschaft an den Kunden lautet dann nicht „haben wir nicht“, sondern:
„Heute haben wir diese Variante nicht im Haus – aber ich kann sie dir bis morgen besorgen. Ich prüfe das kurz.“
Wenn du diese Aussage mit einer verlässlichen Beschaffung verknüpfst, bleibt die Kaufabsicht bestehen, du rettest den Abschluss und deine Conversion im Laden steigt, ohne dass du für jede erdenkliche Variante Ware auf Lager legen musst.
Welche Vorteile hat ein B2B-Netzwerk für Juweliere gegenüber Großhandel?
Großhandel und B2B-Netzwerk erfüllen unterschiedliche Rollen – und ergänzen sich ideal. Der Schmuck-Großhandel punktet mit Breite, Routine und Planbarkeit: Du bekommst viele Artikel aus einer Hand, kannst bestimmte Linien testen und profitierst von eingespielten Prozessen und klaren Katalogstrukturen.
Ein B2B-Netzwerk unter Juwelieren setzt an anderen Stellen an:
- Es ist extrem flexibel, weil du auf die Peer-Bestände anderer Juweliere zugreifst – inklusive Sondergrößen, seltenen Legierungen oder älteren Modellen, die im Großhandel längst nicht mehr liegen.
- Es gibt meist keine oder nur geringe Mindestabnahmen (MOQs), wodurch du nicht unnötig Kapital bindest.
- Du erhöhst deine Trefferquote bei speziellen Varianten, die du heute für einen konkreten Kunden brauchst.
- Du kannst deine eigenen Ladenhüter im Netzwerk anbieten und so ruhendes Inventar in Umsatz verwandeln.
Der Großhandel ist stark, wenn du Struktur, Wiederholbarkeit und Sortimentstiefe brauchst. Das Netzwerk ist stark, wenn du Tempo, Spezialfälle und Out-of-Stock-Rettung brauchst. Wenn du beides kombinierst, wirst du deutlich schlagkräftiger: Du nutzt den Großhandel für Grundversorgung und Alltag – und das B2B-Netzwerk als Turbo, wenn es um „Heute nicht da? Morgen da.“ und um intelligente Nutzung deines und fremden Inventars geht.